Investieren in CAT Bonds – am erfolgreichen Kerngeschäft der Rückversicherer teilhaben
Die Etablierung des CAT Bond Marktes (CAT steht für die englische Abkürzung von Catastrophe, zu Deutsch Katastrophen) bietet Investoren seit Mitte der 90er Jahre die Möglichkeit, direkt in Versicherungsrisiken zu investieren. Der Investor nimmt die Rolle eines Rückversicherers ein, indem er Risiken der Verischerungsindustrie übernimmt und als Gegenleistung eine attraktive Prämie erhält. Versicherer treten als Versicherungsnehmer auf, die Risiken an Investoren übertragen und ihnen dafür Prämien zahlen. CAT Bonds schaffen somit zusätzliche, alternative Rückversicherungskapazitäten im Naturkatastrophengeschäft.
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Mit dem CAT Bond Markt entstand neben dem traditionellen ein kapitalmarktbasierter Rückversicherungsmarkt, an dem Anleger über CAT Bonds ihre Rückversicherungskapazitäten in Form ihres Anlagebetrages zur Verfügung stellen. Versicherungsgesellschaften erhielten somit erstmals die Wahlmöglichkeit zwischen traditioneller Rückversicherung und alternativem Risikotransfer mittels CAT Bonds. Auch große Infrastrukturanbieter oder große Firmen (wie z.B. Alphabet) lagern einen Teil ihrer Risiken direkt an den Kapitalmarkt aus, um Schäden zu decken, die durch eine Katastrophe entstehen können.
Die Anlageklasse der CAT Bonds hat sich zwischenzeitlich als tragende Säule in der Rückversicherungswirtschaft etabliert und ist im Naturkatastrophengeschäft nicht mehr wegzudenken. Der Handel von Katastrophenanleihen ist ausschließlich institutionellen Anlegern vorbehalten. CAT Bond Fonds sind hingegen eine attraktive Anlageoption für Privatkunden von Banken, Pensionskassen, Vermögensverwaltern oder Family Offices.
Was sind CAT Bonds?
CAT Bonds, auch Catastrophe Bonds oder Katastrophenanleihen genannt, gehören zu den Insurance Linked Securities (ILS). Darunter versteht man den alternativen Transfer von Rückversicherungsrisiken, die vom Kapitalmarkt direkt übernommen werden. Bei CAT Bonds handelt es sich um handelbare Insurance Linked Securities, im Gegensatz zu nicht handelbaren, illiquiden ILS (private reinsurance contracts). Das in CAT Bonds investierte Kapital erhöht die Versicherungsdeckungskapazität des Rückversicherungsmarktes und wird dafür verwendet, Schäden aus Naturkatastrophen zu decken. Die Auszahlung des Kapitals ist in der Regel mit dem Auftreten folgender Naturkatastrophenereignisse verknüpft:
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- Erdbeben
- Hurrikane und tropische Wirbelstürme
- Überschwemmungen durch Regenfälle oder Sturmfluten
- Schwere Gewitter und Tornados
- Waldbrände
- etc.
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Wie funktionieren CAT Bonds?
Die CAT-Bond-Struktur ist so gewählt, dass das Kreditrisiko, sowohl aus der Perspektive des Sponsors als auch des Investors, so weit wie möglich minimiert wird. Über den Rückversicherungsvertrag zwischen Zweckgesellschaft und Sponsor wird ein maximaler Schadensbetrag im Falle des Eintretens eines Naturkatastrophenereignisses vereinbart. Im Gegensatz zum Investor verfügt die Zweckgesellschaft typischerweise über eine Rückversicherungslizenz. Für das übernommene Risiko erhält die Zweckgesellschaft während der Risikoperiode regelmäßig eine im Vorfeld definierte Rückversicherungsprämie vom Sponsor, die Bestandteil der regelmässigen Couponzahlung ist. Das Kapital für die Besicherung der potenziellen Verpflichtungen aus dem Rückversicherungsvertrag wird über die Emission des CAT Bonds aufgenommen. Der Emissionserlös wird während der Laufzeit der Anleihe auf einem sog. Collateral Trust Account hinterlegt und möglichst risikoarm in kurzlaufende Treasuries investiert.
Bleibt das Naturkatastrophenereignis während der Laufzeit aus, erhält der CAT-Bond-Anleger neben den laufenden Couponzahlungen (Versicherungsprämie zuzüglich der Rendite des hinterlegten Collaterals) den Nominalbetrag zurück. Tritt hingegen ein vom Rückversicherungsvertrag gedecktes Ereignis ein, kann der Sponsor zur Begleichung seiner Verpflichtungen auf das hinterlegte Kapital zurückgreifen, wodurch sich der ausstehende Nominalwert in Abhängigkeit von der Schadenshöhe reduziert.
Der CAT Bond ist so strukturiert, dass lediglich das im Rückversicherungsvertrag zwischen der Zweckgesellschaft und Versicherungsgesellschaft definierte Ereignisrisiko getragen wird. Der maximale Schadensbetrag ist auf den ausstehenden Nominalbetrag limitiert, es gibt keine Nachschusspflichten. Ferner werden das Konkursrisiko des Versicherers eliminiert und Zinsänderungsrisiken minimiert.
Die Struktur eines CAT Bonds
CAT Bonds – was Anleger wissen sollten
Wer in CAT Bonds investiert, spekuliert nicht auf das Ausbleiben von Naturkatastrophen, sondern profitiert vom Expertenwissen der Rückversicherer, mit diesen Risiken zu rechnen und adequate Risikoprämien für die Übernahme solcher Risiken zu veranschlagen. M.a.W. werden die Versicherungsprämien, die der Investor erhält, so kalkuliert, dass die Prämieneinnahmen die Schadensereignisse langfristig übersteigen. Je mehr passiert bzw. je höher die Schäden sind, desto höher sind in der Regel die Prämien . Somit sind der demographische und ökonomische Wandel wie auch der Klimawandel Wachstumstreiber für das Rückversicherungsgeschäft, da die Nachfrage nach Versicherungsdeckung stetig steigt.
Die Rendite bei CAT Bonds
Die aktuell außergewöhnlich hohen Renditen von CAT Bonds liegen darin begründet, dass die Nachfrage nach Rückversicherungskapazitäten stark ausgeprägt ist. Die Gründe hierfür sind die hohe Inflation, die Reduktion von Eigenmitteln in den Versicherungsbilanzen aufgrund von Finanzmarktverwerfungen, höhere Schäden, die von traditionellen (Rück)versicherern gedeckt wurden und vereinzelte Schäden im CAT Bond Markt über die letzten fünf Jahre.
Höhe der Netto-Renditen aktuell (März 2023)
Der Einstieg in das Rückversicherungsgeschäft war selten so attraktiv wie heute. Die Netto-Renditen liegen derzeit je nach Währung zwischen 7.5% und 14.5% (inkl. Fondskosten).
Warum liefern CAT Bonds stabil tiefe Korrelationen?
Die Rückversicherungsbranche verfügt gegenüber dem Kapitalmarkt über einen entscheidenden Vorteil, der sich im fehlenden kausalen Zusammenhang zwischen Finanzmarkt- und Naturkatastrophenereignisse ausdrückt. Dieser Sachverhalt führt zu einer stabilen und tiefen Korrelationseigenschaft, was die Diversifikationsqualität herkömmlicher Kundenportefeuilles wesentlich verbessert. Das Diversifikationsversprechen von CAT Bonds wurde eingehalten, wie die Jahre 2001 (dot.com), 2008 (Finanzkrise), 2020 (Coronakrise) und 2022 (Ukraine und Inflation) eindrücklich aufzeigen. CAT Bond Investoren tragen zudem kein Konkursrisiko des Versicherers und die Zinsänderungsrisiken sind durch die Floater-Eigenschaft von CAT Bonds minimiert. Das Investieren in das Rückversicherungsgeschäft weist einen weiteren grossen Vorteil auf: Kurze Amortisationszeiten nach dem Eintreten eines Schadenereignisses. Grund hierfür ist die steigende Nachfrage nach Versicherungsdeckung nach einem grossen Naturkatastrophenereignis, was in der Regel steigende Versicherungsprämien verursacht. Somit wird der Kursverlust relativ schnell kompensiert.
Tail-Risiken im CAT Bond-Geschäft
Tail-Risiken sind Ereignisse oder Kombinationen von Ereignissen, die selten auftreten, aber große versicherte Schäden und damit Abschreibungen auf betroffenen CAT Bonds verursachen. Solche Risiken sind zum Beispiel starke Hurrikane, die auf eine Metropole in den USA treffen oder ein schweres Erdbeben in Kalifornien. Grundsätzlich hängt die Höhe der Tail-Risiken von der Anlagestrategie des Fondsanbieters ab. Je risikokonzentrierter diese ausfällt, desto größer sind die damit verbunden Ausfälle im Ereignisfall. Mit dem Value at Risk (VaR) steht Investoren ein Risikomaß zur Verfügung, mit dem die Wahrscheinlichkeit und die Höhe des zu erwartenden Verlustes eines Portfolios zueinander in Beziehung gesetzt werden können. Zumeist betrachtet man Ereignisse mit einer Wiederkehrperiode von 100 bzw. 200 Jahre oder anders ausgedrückt, mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 1% (VaR 99%) oder 0.5 % (VaR 99.5%). Für CAT Bond Fonds liegen hier typische Verluste zwischen 25% und 75% des NAV.
Tail-Risk-Management: Wie können Risiken reduziert werden?
Das Ziel der Portfoliokonstruktion ist es, die Konzentrationen in Risikoregionen so zu steuern, dass ein einzelnes Ereignis nur einen begrenzten Verlust verursacht. Um die Tail-Risiko-Reduktion zu erreichen, stehen grundsätzlich zwei verschiedene
Optimierungsmöglichkeiten zur Verfügung:
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- Diversifikation von Versicherungsrisiken über verschiedene Risikoarten (Wind, Erdbeben, Feuer, etc.) und durch eine geographische Verteilung
- Positionierung im Rückversicherungsprogramm. Je höher der erforderliche Schaden für eine Auszahlung ist, desto kleiner ist die Eintrittswahrscheinlichkeit, dass der CAT Bond ausfällt. Anhand der nachstehenden Schadenseintrittswahrscheinlichkeitskurve kann man die Risikooptimierung des Portfolios ablesen.
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Naturkatastrophen – Trigger-Arten von CAT Bonds
Die Auslösung der Auszahlung von CAT Bonds kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen, die jeweils unterschiedliche Ziele verfolgt. Die Art des Triggers bestimmt, unter welchen Umständen ein Versicherungsereignis zur Auszahlung des CAT Bonds führt. Die gängigsten Trigger-Mechanismen sind Indemnity, Industry Loss, Parametric und Modeled Loss Trigger sowie gemischte Formen. Der Trigger-Level bestimmt den Schwellenwert, der erreicht werden muss, bevor ein CAT Bond zur Auszahlung kommt bzw. Schadensdeckung herangezogen wird. Bei Verträgen mit binärer Auszahlung wird der gesamte vertraglich vereinbarte Geldbetrag ausbezahlt, sobald das Trigger-Niveau erreicht worden ist. Je nach Trigger-Art können auch Teilausfälle geltend gemacht werden.
Man unterscheidet folgende Auslösemechanismen:
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- Indemnity: Der Indemnity-Trigger (auch UNL – Ultimate Net Loss genannt) ist ein schadens- bzw. entschädigungsbezogener Auslösemechanismus, der in Relation zum versicherten Schaden steht. Die Auszahlung entspricht den tatsächlichen anfallenden Versicherungsleistungen. Der Sponsor trägt daher kein Basisrisiko. Der tatsächlich entstandene Schaden muss nachgewiesen und geprüft werden, mit der Konsequenz, dass die finale Schadensermittlung eines längeren Zeitraums bedarf. Auf dem CAT-Bond-Markt wird die Höhe der Schadenserwartungen über die Preise abgebildet. Die Anleihen bleiben handelbar und Anleger müssen nicht bis zum Ende der Abrechnungsperiode auf die Rückzahlung des Kapitals warten.
- Parametric: Der Parametric-Trigger ist ein Auslösemechanismus, der in der Regel physikalisch messbare Kriterien eines Versicherungsereignisses für die Leistungspflicht des CAT Bonds heranzieht. Das können zum Beispiel Erdbebenstärke, Windgeschwindigkeit oder Luftdruck sein. In der Regel werden diese an mehreren Punkten gemessen und entsprechend der Verteilung der versicherten Werte gewichtet. Die Auszahlung ist somit unabhängig von der Höhe der versicherten Schäden. Die Auszahlung der Deckung hängt ausschließlich davon ab, ob das Kriterium erfüllt ist oder nicht, unabhängig davon, ob der Sponsor bzw. Zedent tatsächlich Verluste in entsprechender Höhe zu verzeichnen hatte. Damit ist das Basisrisiko im Vergleich zu Indemnity-Triggern erhöht. Der Vorteil des Parametric-Triggers ist, dass innerhalb kurzer Zeit nach dem Ereignis festgestellt werden kann, ob ein CAT Bond zur Schadenszahlung herangezogen wird, und eine schnelle Auszahlung zugunsten des Versicherungsnehmers erfolgen kann.
- Industry Loss: Der Industry-Loss-Trigger basiert auf dem Gesamtschaden der Versicherungsbranche. Dieser wird in der Regel von einer unabhängigen Firma ermittelt (beispielsweise PCS für die USA oder PERILS für Europa). Das Basisrisiko kann für den Sponsor erheblich sein, da der Anteil des Sponsors am Gesamtschaden vom Industry Index deutlich abweichen kann. Für Anleger ist der Industry-Loss-Trigger transparenter als der Indemnity-Trigger, da erste Schätzungen des Gesamtschadens bereits kurz nach dem Ereignis verfügbar sind und auch die definitive Schadenshöhe schneller vorliegt.
- Modeled Loss: Der Modeled-Loss-Trigger basiert auf dem modellierten Verlust des Sponsors, der von einem unabhängigen Risikomodellierer berechnet wird. Dabei wird das Schadensereignis im Modell repliziert und über die im Modell abgebildeten versicherten Werte des Sponsors laufen gelassen. Im Gegensatz zum Indemnity-Trigger verringert diese Struktur das Moral-Hazard-Problem und die Forderungen werden in der Regel schnell abgewickelt. Der Sponsor ist jedoch einem gewissen Basisrisiko ausgesetzt.
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Treiber und Marktentwicklung im CAT Bond-Geschäft
Versicherungsschäden stiegen bereits über die letzten hundert Jahre erheblich an und werden weiter steigen. Haupttreiber hierfür sind der demographische -, ökonomische – und der Klimawandel. Die wachsende Nachfrage nach Versicherungsdeckung stößt auf knappe Versicherungskapazitäten. Derzeit ist zu beobachten, dass vor allem die durch den Klimawandel ausgelösten Schäden mehrheitlich die Bilanzen der Erst- und Rückversicherer belasten. Das Durchschlagen auf den CAT Bond Markt bleibt in der Regel aus. Das liegt daran, dass der CAT Bond Markt erst bei sehr großen Schadensereignissen in Anspruch genommen wird. Für CAT Bond Investoren bedeutet dies, dass die Nachfrage nach Rückversicherungsdeckung steigt, ohne dass grosse Schäden durch den CAT Bond Markt getragen wurden.
Exkurs 2 – Kurze Amortisationszeiten nach großen Schadenereignissen
Dass der CAT Bond-Markt stabil tiefe Korrelationseigenschaften, sowohl zwischen unterschiedlichen Naturkatastrophentypen (Hurrikan- und Erdbebenrisiken), Regionen als auch zum Kapitalmarkt als solches aufweist, ist allgemein bekannt. Allerdings stellt sich die Frage, wie der CAT Bond-Markt auf Stresssituationen reagiert hat. Nachstehende Grafiken zeigen auf, welche Kapitalmarkt- und Naturereignisse den CAT Bond-Markt trafen, wie stark die Kurskorrekturen waren und wie schnell Kursrückschläge amortisier.
Exkurs 3 – Fondsgröße bleibt kritischer Erfolgsfaktor im CAT Bond-Markt
CAT Bonds haben in den letzten 22 Jahren eindrücklich bewiesen, dass sie als strategischer Anlagebaustein in modernen Portfolios nicht mehr wegzudenken sind. Nicht nur ihre stabil tiefe Korrelationseigenschaft zu den Kapitalmärkten zeichnet diese Anlageklasse aus, sondern auch der Umstand, dass die Amortisationsphasen nach einem Kursrückschlag nicht länger als zehn Monate dauerten. Allerdings ist der CAT Bond-Markt für Fondsmanager zum Teil sehr herausfordernd, getrieben durch den CAT Bond-Markt selbst und durch die Eigenheit der gewählten Fondsstruktur und Fondsgrösse. Zu grosse Fondsvolumina können zu Ineffizienzen führen, wie den Verlust der Selektivität und das erforderliche Halten hoher Liquidität. Die Lösung ist einfach, sofern nicht ökonomische Firmenziele wie Umsatzmaximierung über das Anlegerbedürfnis der Renditeoptimierung gestellt werden.
Das Investieren in Nischen bedeutet, dass sich das maximale Fondsvolumen eines Fonds nicht nur nach seiner Positionierung im Markt richtet, sondern auch nach der Größe, der Struktur und dem Handelsvolumen des Marktes. Wir sehen derzeit die Kapazitätsgrenzen im Low-Octane-Segment bei ca. USD 850 Mio. und USD 400 Mio. im High-Octane-Segment. Ein Performancevergleich und ein Blick auf die Liquidität einzelner Fonds lohnt sich. Denn nicht nur der Verzicht auf Selektivität hat seinen Preis zulasten der Fondsinvestoren, sondern auch der Verlust der Glaubwürdigkeit des Fondsanbieters steht auf dem Spiel.
Exkurs 4 – 6 Mythen rund um Katastrophenanleihen
Mythos 1: «Klimawandel macht CAT Bonds unattraktiv!»
Tatsächlich verhält es sich genau umgekehrt, da der Klimawandel sogar einen Wachstumstreiber darstellt. Warum? Versicherungsschäden stiegen über die letzten hundert Jahre erheblich an und werden weiter steigen. Haupttreiber hierfür sind nach wie vor der demographische und ökonomische Wandel (US-Küstengebiete, Verstädterung, Wohlstand, Wertekonzentration). Davon losgelöst stellt sich die Frage, ob mehr Naturkatastrophen passieren, die stark genug sind, entsprechende CAT Bonds zu triggern. Der Klimawandel bzw. die steigenden versicherten Schäden stellen einen Wachstumstrend dar, der zu einer steigenden Nachfrage nach Versicherungsdeckung führt. Dies wiederum schlägt sich in der Prämienentwicklung nieder. Die zentrale Frage lautet daher, ob die Risikomodelle, die kontinuierlich an die neuen Gegebenheiten angepasst werden, das effektive Risiko korrekt abbilden. Ein kleiner Hinweis: Die Versicherungsindustrie schaut nicht nur in den Rückspiegel.
Mythos 2: «Es kommen nur schlechte Risiken an den Kapitalmarkt!»
Der Begriff „schlechtes Risiko“ ist irreführend. Ein schlechtes Risiko ist ein nicht adäquat entschädigtes Risiko oder ein Risiko, das sich durch Modelle schlecht quantifizieren lässt. Informationsasymmetrie könnte die Ursache für eine nicht angemessene Entschädigung sein. In einer CAT-Bond-Struktur wird dies durch den Einsatz unabhängiger Parteien bei der Risikobewertung minimiert. Da sich viele CAT Bonds bei der Ermittlung der Schadenzahlung auf Faktoren stützen, die durch den Sponsor nicht beeinflusst werden können, z. B. Windgeschwindigkeiten oder Industrieschäden, werden Informationsasymmetrien weiter reduziert. CAT Bonds sind keine ABS-Struktur, da keine Hinterlegung mit Einzelpolicen stattfindet, sondern das Versicherungsbuch des Zedenten/Sponsors im Mittelpunkt steht. Daher ist das Risiko einer adversen Selektion ebenfalls ausgeschlossen. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass rund 10 % aller CAT Bonds wiederum von Rückversicherern gekauft werden.
Mythos 3: «CAT-Bond-Investoren sind das Schlusslicht in der Wertschöpfungskette und erhalten daher nur die Krümel des Prämienkuchens!»
Dieser Mythos beruht auf der Annahme, dass der Kapitalmarkt als letztes Glied in der Risikotransferkette kaum etwas «abbekommt», ganz nach dem Motto: Der Erstversicherer bekommt den höchsten Prämienanteil, der vom Versicherungsnehmer bezahlt wird, alle nachgelagerten Ebenen erhalten deshalb weniger. Jedoch steht der Kapitalmarkt nicht zwingend hinter dem Rückversicherer: Heute werden ca. 75 % der CAT Bonds von Erstversicherern begeben. Das heisst, dass der Kapitalmarkt im Naturkatastrophengeschäft eine Alternative zu traditioneller Rückversicherung darstellt. Darüber hinaus werden an jedem Glied dieser Kette Risiken aggregiert und ein Teil des aggregierten Risikos wird an den nachgelagerten Rückversicherer oder Kapitalmarkt ausgelagert. Die Prämie für die Risikoübernahme wird auf jeder Stufe neu ausgehandelt und ist unabhängig vom Preis des Risikos auf anderen Stufen dieser Versicherungskette. Man muss sich immer vor Augen halten, dass derjenige, der das Risiko übernimmt, egal an welcher Stelle dies passiert, sich immer die gleiche Frage stellt, ob die Prämien im Einklang zum Risiko stehen und zu welchem Preis Deckungskapazitäten zur Verfügung gestellt werden sollen.
Mythos 4: «Naturkatastrophen sind nicht vorhersehbar, also sind die Risikomodelle unbrauchbar!»
Unser vierter Mythos beschäftigt sich mit der Frage, wie man Naturkatastrophenrisiken messen kann, obwohl der Eintritt eines Naturereignisses nicht vorhersehbar ist. Dieser scheinbare Widerspruch ist keiner, denn es geht im Rückversicherungsgeschäft nicht um die Vorhersage von Naturereignissen – das kann niemand –, sondern um die Ermittlung von Ereigniswahrscheinlichkeiten und der damit verbundenen Schäden. In Modellen werden dazu die bekannten Versicherungswerte theoretisch möglichen Ereignissen ausgesetzt. Diese Modelle werden laufend verbessert und mit den tatsächlichen Ereignissen rekalibriert, um die Differenz von modellierten und tatsächlich entstandenen Schäden so gering wie möglich zu halten. Bestehende Modellungenauigkeiten werden zudem über eine Vielzahl unabhängiger Risiken herausdiversifiziert. Dass die Risikomodelle in der Rückversicherungswirtschaft funktionieren, kann man auch am Geschäftserfolg der weltgrößten Rückversicherer Swiss Re und Munich Re sehen, die ca. 60 % des Prämienvolumens auf sich vereinen. Würden diese Risikomodelle, die sowohl vom Zedenten als auch vom Investor eingesetzt werden, nicht funktionieren, könnte die Versicherungswirtschaft nicht seit Jahrzehnten erfolgreich arbeiten. Kurzer Hinweis dazu: Die Risikomodelle werden auch herangezogen, um die Eigenmittelunterlegung der Versicherer zu kalkulieren, was ein regulatorisches Erfordernis ist.
Mythos 5: «CAT Bonds sind zu komplex»
Stellt man die Frage nach der Komplexität von CAT Bonds, so stellt man im Allgemeinen auf die Preistreiber, auf das Risikomaß und vielleicht noch auf die Struktur ab. Erstere sind stark binär ausgerichtet und sind sehr transparent, denn der Wert eines CAT Bonds hängt grundsätzlich vom Eintreten oder nicht Eintreten eines Versicherungsereignisses ab. Im Vergleich dazu sind preisbeeinflussende Faktoren bei Aktien, Anleihen oder Rohstoffen aufgrund ihrer nicht-linearen Zusammenhänge um einiges komplexer und bestimmte Informationen sind nicht für jeden klar ersichtlich bzw. erhältlich. Wer sich mit CAT Bonds beschäftigt, muss nicht die Risikomodelle im Einzelnen kennen, sondern lediglich wissen, was das errechnete Risikomaß bedeutet. Hierbei sind zwei Risikozahlen maßgeblich, der Value at Risk (VaR), wie er auch im Kapitalmarkt angewendet wird und der versicherungstechnische Begriff des Expected Loss (EL), der den durchschnittlich erwarteten Schaden pro Jahr beschreibt. CAT Bond werden von gewöhnlichen Zweckgesellschaften emittiert, die lediglich zwei Funktionen erfüllen: Die risikoaverse Veranlagung des CAT-Bond-Emissionserlöses und die Übernahme des Versicherungsrisikos in Form eines Rückversicherungsvertrags und die damit verbundene Vereinnahmung der Versicherungsprämie bzw. die Auszahlung im Versicherungsfalle.
Mythos 6: «Der CAT-Bond-Markt steckt noch in den Kinderschuhen!»
Der CAT-Bond-Markt ist zwischenzeitlich aus den Kinderschuhen herausgewachsen und hat sich zu einer tragenden Säule des Rückversicherungsmarktes im Bereich Naturkatastrophenrisiken entwickelt. Per Juli 2023 übertraf das Volumen neuemittierter CAT Bonds bereits das Gesamtvolumen des Vorjahres. Über 10 Mrd. USD an Katastrophenanleihen wurden emittiert in der ersten Jahreshälfte emittiert. Das Naturkatastrophengeschäft im CAT-Bond-Markt beträgt aktuell rund 42 Mrd. USD. Auch die Zusammensetzung der Marktteilnehmer hat sich in den letzten zehn Jahren wesentlich verändert. Sie ist heterogener, granularer und professioneller geworden, was auch zu einer Zunahme der Marktliquidität geführt hat. Selbst in der Finanzmarktkrise 2008, der Coronakrise 2020 und den aktuellen Turbulenzen an den Finanzmärkten war Liquidität kaum ein Thema.