Earnings Kommentar
Q1 2020 Versicherungsergebnisse
Der Versicherungssektor ging insgesamt gut vorbereitet in die COVID-19 Krise mit sehr viel Überschusskapital in der Hinterhand. Q1 2020 Ergebnisse der Versicherer enthalten typischerweise eher weniger Informationen und der Detaillierungsgrad variiert deutlich zwischen den Emittenten. Die Q1 2020 Ergebnisse waren durch die Pandemie beeinflusst, selbst, wenn die Solvenzzahlen nur die ersten Wochen der Krise widerspiegelten. Die Pandemie ist jedoch bei weitem nicht lebensbedrohlich für die grossen Europäischen Versicherer und die Ergebnisse blieben solide. Auf Basis der Indikationen einzelner Versicherer zeichnet sich bereits für die ersten Wochen des Q2 eine leichte Verbesserung der Zahlen ab.
Versicherungskonzerne trotz Covid-19 Krise in guter Verfassung
Solvenzquoten gingen meist zurück aber waren weit davon entfernt die grösseren Versicherer in die Nähe einer Unterdeckung zu führen, was die Robustheit des Sektors verdeutlicht. Solvenzzahlen Europäischer Versicherer sind so kalibriert, dass sie ein 200-Jahresereignis überleben können müssen und COVID-19 ist – aus heutiger Sicht zumindest ein häufiger vorkommendes Ereignis. Der Haupttreiber des Solvenzrückgangs waren die ausserordentlich hohen Korrekturen an den Aktienmärkten und der starke Anstieg der Marktvolatilität. Absicherungsprogramme wirkten und die eigentlichen COVID-19-Schäden waren eher ein Earnings-Event und kein Capital-Event.
Der Solvenzrückgang war am stärksten für Generali, Unipol, Vienna Insurance Group und Aviva. Die Solvenzzahlen der Rückversicherer gaben aufgrund ihrer konservativen Modelle nach, aber blieben innerhalb der Zielbandbreite. Interessanterweise rapportierten AEGON und ASR stark steigende Solvenzquoten aufgrund des Volatility Adjusters, der sich um 46 Basispunkte erhöhte.
Einige britische Versicherer federten den Solvenzverlust mit Dividendenkürzungen ab. Die Solvenzrückgänge sehen weniger dramatisch aus als die der kontinentaleuropäischen Versicherer. Dennoch bleiben die Solvenzzahlen Britischer Versicherer nach Abzug der Übergangsregelungen weit unter den Solvenzzahlen Europäischer Versicherer zurück.
Industrieschäden durch Betriebsunterbrechung sind beherrschbar
Der P&L Effekt der COVID-19 Pandemie variierte stark zwischen den Versicherern und war am deutlichsten auf der Investmentseite in Form von Abschreibungen zu spüren. Die Finanzergebnisse blieben in den meisten Fällen im ersten Quartal positiv. Um COVID-19 und Katastrophenschäden bereinigte versicherungstechnische Ergebnisse im Sach-und Haftpflichtgeschäft zeigten eine starke Performance mit verbesserten Schadensquoten, was die Robustheit des Sektors unterstreicht. COVID-19 Schäden bleiben jedoch eine Quelle der Unsicherheit. Grosse Erstversicherer mit starkem Industriegeschäft wie AXA, Allianz und Zurich veröffentlichten dreistellige Millionenschäden. Rückversicherer folgten mit ähnlichen Zahlen. Lloyds schätzte einen Schaden von GBP 2.5-3.5 Mrd. und schockte damit die Märkte. Es ist aber zu erwarten, dass die meisten Syndikate, die unter Druck kommen, von Ihren Eigentümern neu kapitalisiert werden.
Die grössten Schäden kamen von Event Cancellation (z.B. Olympiade Tokio oder EURO2020). Betriebsunterbrechung aufgrund einer Pandemie ist idR nicht in Standardpolicen gedeckt – Schäden können aber aus Spezialpolicen heraus entstehen. In wenigen Fällen wurden nicht eindeutig formulierte Standardpolicen zum Problem. Das prominenteste Beispiel hier sind die Versicherer Hiscox oder Aviva, die das höchste potenzielle Exposure haben. Hiscox hat jedoch die Sorgen um ihre Kapitalisierung mit einer Kapitalerhöhung gelöst und für Aviva erwarten wir kein grösseres Risiko. In einzelnen Fällen wie beispielsweise in Deutschland machten Versicherer Ex-Gratia Zahlungen an Policeninhaber auch aufgrund politischen Drucks. Die Höhe dieser Zahlungen beliefen sich aber auf einen Bruchteil der ursprünglichen Schäden. Interessanterweise nehmen sämtliche COVID-19 Schadensschätzungen an, dass das Lockdown Ende Q2 2020 beendet ist.
Kfz-Versicherer werden aus unserer Sicht von tieferen Schäden profitieren – COVID-19 reduzierte den Strassenverkehr deutlich. Einzelne Erstversicherer meldeten eine um 30-70% tiefere Schadenfrequenz was sich jedoch noch nicht in den Q1 Ergebnissen niederschlug sondern erst in Q2 sichtbar werden wird. Wir erwarten, dass die meisten Gewinne hier an Policyholders über Beitragsrückerstattungen weitergereicht werden.
Im Leben-Geschäft haben COVID-19 Schäden ebenfalls keine bedrohlichen Ausmasse erreicht. Der Anstiegt der Mortalität ist tragisch, betrifft jedoch überproportional ältere Menschen, die eher selten Mortalitätsdeckungen nachfragen. Im Langlebigkeitsgeschäft haben wir noch keine Reduktionen von Rückstellungen gesehen. Die Margen im Neugeschäft fielen in Q1 aufgrund der Turbulenzen an den Kapitalmärkten.
Ausblick
Zwar sind die Schäden aus Betriebsunterbrechung (BU) hoch, aber wir sehen nur begrenztes Risiko im Hinblick auf noch sich entwickelnden BU-Schäden in der nahen Zukunft. Wie sehen die Versicherungswirtschaft in einer guten Verfassung, auch wenn das Lockdown-Szenario länger andauert als bisher angenommen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihr Plenum-Team