Bericht: Januar 2021 Erneuerungen
Die Veröffentlichung der Ergebnisse der Januar-Erneuerungen der grossen Rückversicherer bestätigen aus unserer Sicht, dass sich der Rückversicherungssektor in einer harten Marktphase befindet. Wir erwarten, dass vor allem die Marktführer hiervon durch profitables Wachstum profitieren. Diese positive Grundeinschätzung lässt sich auch auf den CAT Bond Markt übertragen.
Das Jahr 2020 versetzte der Rückversicherungsbranche mehrere Schläge gleichzeitig. Covid-19 verursachte massive Schäden in Sparten wie Betriebsunterbrechung und Veranstaltungsausfall. Steigende Übersterblichkeit triggerte zum ersten Mal eine Pandemieanleihe und löste Übersterblichkeits-Deckungen aus. Von Menschen verursachte Schäden (beispielsweise die Explosion im Hafen von Beirut oder die Boeing 737 Max-Krise) lagen über den Erwartungen, und die Hurrikansaison hatte mehr Wirbelstürme als je zuvor. Zudem zeigten die Kapitalmärkte markante, durch die Pandemie ausgelöste Turbulenzen und Rückversicherer mussten damit auf beiden Seiten der Bilanz einen nahezu perfekten Sturm überstehen. Dennoch war keiner der grossen Rückversicherer gezwungen, sich zu rekapitalisieren. Vielmehr blieben die Solvenzquoten trotz teilweise erheblicher Rückgänge in den Zielbereichen.
Der Rückversicherungsmarkt reagierte auf die Erneuerungsrunde im Januar 2021 in gewohnter Weise: Es war Payback-Time! Sowohl in der Erst- als auch in der Rückversicherung wurden Prämienerhöhungen auf breiter Front verzeichnet. Die Erstversicherungsmärkte verhärteten sich insbesondere in Nordamerika, was sich damit positiv die proportionale Rückversicherung auswirkte. In der nicht-proportionalen Rückversicherung verzeichneten Sach-, Transport- und Luftfahrtversicherung die stärksten Prämienerhöhungen.
Innerhalb der Gruppe der vier marktführenden börsennotierten europäischen Rückversicherer – Münchener Rück, Swiss Re, Hannover Rück und Scor – befinden sich Hannover Rück und Scor unserer Ansicht nach im Sweet Spot. Da sie deutlich kleiner sind, sind sie flexibler bei der Umverteilung von Kapazitäten als Münchener Rück und Swiss Re. Hannover Rück und Scor haben beide ein stärkeres Wachstum der erneuerten Prämien gemeldet, insbesondere auf der nicht-proportionalen Seite. Obwohl die Daten zu den Preisänderungen nicht vollständig vergleichbar sind, glauben wir, dass Scor ein etwas besseres Ergebnis der Erneuerungssaison gezeigt hat als die Wettbewerber.
Swiss Re lag mit einem Prämienrückgang von 11% hinter den Wettbewerbern. Dies erscheint etwas kontraintuitiv, lässt sich aber dadurch begründen, dass der Emittent seine Portfoliomanagementmassnahmen fortsetzte und unterdurchschnittlich laufendes Haftpflichtgeschäft reduzierte. Die sich daraus ergebende Verschiebung im Geschäftsmix sollte sich für Swiss Re positiv auswirken. Insgesamt konnte Swiss Re auf dem erneuerten Portefeuille Preissteigerungen von 6,5% erzielen.
Die Münchener Rück meldete einen Anstieg des Prämienvolumens von 10,9% bei Prämienerhöhungen von durchschnittlich 2,4%. Dies ist jedoch deutlich konservativer kalkuliert als bei den Wettbewerbern. Der Emittent erzielte signifikante Prämienerhöhungen in Nordamerika, die durch social inflation und claims inflation sowie ein hohes Niveau an Katastrophenschäden aus 2020 getrieben wurden. In Europa gab es weniger Aufwärtsdruck auf die Prämien, aber das Tiefzinsumfeld unterstützte auch hier Prämienerhöhungen, da die Anlagerenditen in einem Niedrigzinsumfeld nur noch in geringem Umfang zum Gesamtergebnis beitragen. Auch die Münchener Rück schränkte ihr nichtproportionales Haftpflichtgeschäft ein, wo sich das Volumen um -28,0% reduzierte im Vergleich zu Preissteigerungen von 3,2%. Dies kompensierte der Rückversicherer jedoch im proportionalen Haftpflichtgeschäft, wo die Volumenveränderungen um 16,0% und die Preise um durchschnittlich +1,4% stiegen. Wachstumstreiber waren – neben dem nichtproportionalen Sachgeschäft, in dem die Preise um 7,9% und das Volumen um durchschnittlich 4,3%stiegen – die Sparten Transport und Luftfahrt. Die beiden letztgenannten Sparten erzielten zweistellige Volumenänderungen und starke Preissteigerungen von 6,1% bzw. 9,8%. Etwas ungewöhnlich war der Preisrückgang um 0,6% im Kreditgeschäft.
Die Hannover Rück kommunizierte einen Anstieg des Prämienvolumens von 8,5%, was auf eine signifikante Preiserhöhung von 5,5% zurückzuführen ist. Die Preisänderungen waren auch für diesen Emittenten in Amerika bedeutender als in EMEA. Im Gegensatz zur Münchener Rück meldete die Hannover Rück erhebliche Preiserhöhungen im Kredit- und Kautionsgeschäft von 9,0% im proportionalen Geschäft und 14,7% im nichtproportionalen Geschäft, was mit unserer Ansicht übereinstimmt, dass die Hannover Rück hier einen relativen Vorteil gegenüber der Münchener Rück hat. Transport und Luftfahrt waren auch für die Hannover Rück Quellen für überproportionale Preissteigerungen (+15,2%). Das Prämienwachstum in der strukturierten Rückversicherung, die für die Hannover Rück traditionell eine grössere Rolle spielt, lag bei 10%, und ihr Anteil am Geschäftsmix erhöhte sich geringfügig.
Scor schnitt unserer Ansicht nach bei der Januar-Erneuerung am besten ab, da das Prämienvolumen um 15,9% stieg bei einer durchschnittlichen Preisänderungen von 7,8%. Der Emittent betonte, dass sich die Verhärtung des Rückversicherungsmarktes beschleunigt. Scor scheint in Nordamerika vorsichtiger zu sein, wo herausragende Preiserhöhungen von 20,2% erzielt wurden, aber die erneuerten Prämieneinnahmen gingen immer noch um 1,5% zurück, verglichen mit 6,3% Preiserhöhungen und einem Wachstum der erneuerten Prämien von 22,0% in Europa. In APAC zeigte der Emittent in den mature markets ein relativ moderates Wachstum mit Preiserhöhungen von 4,1% und einem Wachstum der erneuerten Prämien von 12,3%. Allerdings verfolgte der Emittent in seinen fast growth markets mit 25,7% ein starkes Wachstum, das auf Kosten eines geringeren Preisanstiegs von durchschnittlich nur 1,7% ging. Im Spezialgeschäft der Scor kam es zu erheblichen Preiserhöhungen für grosse gewerbliche Einzelrisiken mit einem massiven Anstieg der erneuten Prämie von 16% bei einem Preissprung von 23%.
Die Finanzierung des Wachstums erfolgte überwiegend aus dem vorhandenen Überschusskapital. D. h., Münchener Rück und Hannover Rück verzichteten erstmals seit vielen Jahren auf Sonderdividenden und Aktienrückkäufe. Dies steht im Einklang mit ihrer seit langem erklärten strategischen Präferenz, überschüssiges Kapital in das Geschäft zu investieren, anstatt es an die Aktionäre zurückzugeben. Damit nähern wir uns offenbar dem Wendepunkt, an dem Rückversicherer mehr attraktive Geschäftsmöglichkeiten finden, als es überschüssiges Kapital gibt, um diese zu finanzieren. Auch die Swiss Re hat die Zahlung von Sonderdividenden und Aktienrückkäufen eingestellt, obwohl sie einen Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte. Der Rückversicherer wies jedoch einen Nettoverlust für das GJ20 aus, was das erste Mal seit 2008 ist, dass einer der vier grossen Rückversicherer einen Nettoverlust ausweist. Scor verzeichnete im GJ20 einen Gewinn, zahlte aber auch im Jahr 2020 keine Dividende, wie von der Aufsichtsbehörde für alle französischen Versicherer gefordert. Scor zahlt keine Catch-up Dividende und das einbehaltene Kapital stellt eine gewisse Finanzierung des Umsatzwachstums dar.
Wir erwarten, dass sich die Erhärtung des Rückversicherungsmarktes bei den nächsten Erneuerungsterminen im Jahr 2021 fortsetzen wird. Insbesondere die Juli-Erneuerungen in den USA, die einen höheren Anteil an Katastrophengeschäft umfassen, werden weiteres starkes Wachstumspotenzial bieten. In diesem Zusammenhang schliessen wir opportunistische Neuemissionen von Versicherungsnachrängen durch diejenigen Rückversicherer nicht aus, die einen geringeren Verschuldungsgrad als ihre Mitbewerber haben.
Der CAT-Bond Markt wird unserer Meinung nach die positiven Entwicklung am Rückversicherungsmarkt widerspiegeln. D. h. wir erwarten nebst steigenden Prämien erhebliche Kapitalzuflüsse in den Markt und eine beschleunigte Neuemissionstätigkeit sowohl von bestehenden als auch von neuen Sponsoren für CAT Bonds. Während die zusätzliche Nachfrage nach CAT Bonds den Prämienanstieg etwas dämpfen mag, sind wir dennoch überzeugt, dass dieses Segment für Anleger, die positive Renditen und Diversifizierung suchen, sehr attraktiv bleibt.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte direkt an unser Team.
Mit freundlichen Grüssen
Ihr Plenum-Team